ترجمة مقال "عن الأغلبية الصامتة أتحدث" ضمن اطار مبادرة لي لك للتواصل الثقافي التابعة لمعهد جوتة
Donnerstag, 13. Oktober 2011
Die schweigende Mehrheit
Ägypten. Die schweigende Mehrheit darf nicht ignoriert werden, behauptet der junge Aktivist und Blogger Ahmed Badawy.
Er fordert, dass sie ernstgenommen und gehört wird - ganz besonders von den sogenannten "Internet-Jugendlichen".
Er fordert, dass sie ernstgenommen und gehört wird - ganz besonders von den sogenannten "Internet-Jugendlichen".
Einer meiner politisch aktiven Freunde hat sich vor ein paar Tagen über die „schweigende Mehrheit“ und ihr Recht zu wählen lustig gemacht. Er behauptete, dass die „schweigende Mehrheit“ ein Hirngespinst sei und er schmälerte die Rolle und Wichtigkeit der Wahlen – schließlich weiß er ganz genau, dass die Internet-Gemeinde keinen großen Einfluss auf die Wahlen haben wird. Er sagte: „Das ist eine Revolution, da gibt’s keine schweigende Mehrheit und geh‘ mir weg mit den Wahlen!“ und „Wie kannst du einem kleinen Kind ein Streichholz geben und sagen, das ist Demokratie?!“
Diese Einstellung hat mich extrem aufgeregt, schließlich hat er ganz unverhohlen der Geringschätzung eines Teils der politischen Aktivisten – die gemeinhin als Befürworter der Demokratie gelten – gegenüber dem ägyptischen Volk und der Demokratie Ausdruck verliehen. Er will nicht zugeben, dass es eine schweigende Mehrheit gibt oder zumindest respektiert er ihr Recht nicht, ihr Schicksal selbst zu bestimmen.
So als ob gerade aus dem Nichts eine neue soziale Schicht erschienen ist, welche sich von den anderen durch ihren fortschrittlicheren, scharfsinnigeren, klareren und größeren Verstand und Wissen unterscheidet – eine Schicht von „Internet-Jugendlichen“, welche der Meinung ist, dass es ihr zusteht, das Schicksal des Landes unter Monopol zu nehmen und den Rest der Mitbürger, welche zufällig mit ihnen das gleiche Land teilen, nicht aber den Cyberspace, zu verachten.
Obwohl ich theoretisch auch zu dieser „privilegierten Schicht“ gehöre, weil ich Blogger und einer der ersten und aktivsten politischen Sprecher auf Facebook, Twitter und anderen Seiten bin, sehe ich mich dennoch gezwungen diesen neuen Chauvinismus der Internet-Jugend zurückzuweisen, genauso wie diese kranke elitäre Überheblichkeit, die eine Person dazu bringt, zu denken, dass sie mehr Rechte als andere besitzt, nur weil sie ein Account in einem sozialen Netzwerk besitzt oder weil sie so viel Freizeit hat, um sie in den Cafés von Cairo-Downtown totzuschlagen.
Meine Aktivisten-Freunde vergessen etwas sehr Wichtiges – sei es absichtlich oder aus fehlender Erfahrung: Es ist unmöglich, die Meinung der schweigenden Masse bei der Verwaltung der Landesangelegenheiten zu ignorieren. Ich persönlich kann nicht ignorieren, dass zu der schweigenden Mehrheit mein Vater, Anwalt und altes Mitglied der NDP, meine Mutter, die Angestellte ist und die mit mir eines Tages ihre Unterschrift für die Gründung der oppositionellen Ghad-Partei von Aiman Nour gegeben hat und dennoch manchmal glaubt, dass Nour die Unterschriften wirklich gefälscht hat [wegen diesem Vorwurf saß Nour unter Mubarak mehr als drei Jahre im Gefängnis] und mein Bruder, der sich für nichts anderes als Fußball interessiert und der die Präsidentschaftkandidatur Amr Moussas unterstützt, gehören.
Die Einstellungen dieser Drei sind lebendige Beispiele für den Begriff „die schweigende Masse“. Sie haben nie einen Blog oder einen Account bei Twitter besessen und sie gehören auf keinen Fall zu den ständigen Talkshow-Gästen, die im Fernsehen über die Zukunft des Landes debattieren. Und obwohl sie die meiste Zeit gegen politischen Aktivisten waren, hat das meinen Vater und meine Mutter nicht davon abgehalten, an den Protestmärschen am „Tag des Zornes“ teilzunehmen, sich den Tränengasbomben entgegenzustellen und auf dem Tahrir-Platz während der Millionen-Märsche dabei zu sein und es hinderte meinen Bruder nicht daran, sich in den Nachbarschaftswachen zu engagieren, auf die Revolution, die Revolutionäre und die Zerstörung zu schimpfen und Wael Ghonim zu beschuldigen, ein Freimaurer zu sein, obwohl er gar nicht weiß, was das Wort eigentlich bedeutet und dann bei dem Referendum teilzunehmen und „Ja zur Stabilität“ zu sagen, obwohl er, seitdem er vor Jahren die Uni verlassen hat, noch keinen festen Job gefunden hat.
Diese Leute sind die schweigende Masse. Sie müssen nicht unbedingt die ganze Zeit in einer bestimmten Haltung verharren, gegen die Revolution, für oder gegen die Muslimbrüder oder die Liberalen sein, aber sie wollen auf jeden Fall, dass Ägypten eine bessere Heimat für sie und ihre Kinder wird. Sie sorgen sich um Ägypten, selbst wenn sie es das eine oder andere Mal schon verflucht haben.
Sie sind mündige und mit allen Rechten ausgestattete Bürger und es geht nicht an, dass irgendjemand, egal welche Rolle er hat oder wie wichtig er ist, versucht, sich über sie hinwegzusetzen, so als ob sie nicht vorhanden sind. Genauso töricht, wenn nicht gar verbrecherisch, ist es, wenn wir uns über sie lustig machen oder ihr legitimes Recht ignorieren, an der Verwaltung der Staatsgeschäfte durch Wahlen und durch die Auswahl derjenigen, die das Land nach ihren Vorgaben für sie regieren sollen – und nicht etwa nach Vorgaben, die wir für sie festlegen – teilzunehmen.
Ahmed Badawy
Übersetzt von Fabian Ledwon
Diese Einstellung hat mich extrem aufgeregt, schließlich hat er ganz unverhohlen der Geringschätzung eines Teils der politischen Aktivisten – die gemeinhin als Befürworter der Demokratie gelten – gegenüber dem ägyptischen Volk und der Demokratie Ausdruck verliehen. Er will nicht zugeben, dass es eine schweigende Mehrheit gibt oder zumindest respektiert er ihr Recht nicht, ihr Schicksal selbst zu bestimmen.
So als ob gerade aus dem Nichts eine neue soziale Schicht erschienen ist, welche sich von den anderen durch ihren fortschrittlicheren, scharfsinnigeren, klareren und größeren Verstand und Wissen unterscheidet – eine Schicht von „Internet-Jugendlichen“, welche der Meinung ist, dass es ihr zusteht, das Schicksal des Landes unter Monopol zu nehmen und den Rest der Mitbürger, welche zufällig mit ihnen das gleiche Land teilen, nicht aber den Cyberspace, zu verachten.
Obwohl ich theoretisch auch zu dieser „privilegierten Schicht“ gehöre, weil ich Blogger und einer der ersten und aktivsten politischen Sprecher auf Facebook, Twitter und anderen Seiten bin, sehe ich mich dennoch gezwungen diesen neuen Chauvinismus der Internet-Jugend zurückzuweisen, genauso wie diese kranke elitäre Überheblichkeit, die eine Person dazu bringt, zu denken, dass sie mehr Rechte als andere besitzt, nur weil sie ein Account in einem sozialen Netzwerk besitzt oder weil sie so viel Freizeit hat, um sie in den Cafés von Cairo-Downtown totzuschlagen.
Meine Aktivisten-Freunde vergessen etwas sehr Wichtiges – sei es absichtlich oder aus fehlender Erfahrung: Es ist unmöglich, die Meinung der schweigenden Masse bei der Verwaltung der Landesangelegenheiten zu ignorieren. Ich persönlich kann nicht ignorieren, dass zu der schweigenden Mehrheit mein Vater, Anwalt und altes Mitglied der NDP, meine Mutter, die Angestellte ist und die mit mir eines Tages ihre Unterschrift für die Gründung der oppositionellen Ghad-Partei von Aiman Nour gegeben hat und dennoch manchmal glaubt, dass Nour die Unterschriften wirklich gefälscht hat [wegen diesem Vorwurf saß Nour unter Mubarak mehr als drei Jahre im Gefängnis] und mein Bruder, der sich für nichts anderes als Fußball interessiert und der die Präsidentschaftkandidatur Amr Moussas unterstützt, gehören.
Die Einstellungen dieser Drei sind lebendige Beispiele für den Begriff „die schweigende Masse“. Sie haben nie einen Blog oder einen Account bei Twitter besessen und sie gehören auf keinen Fall zu den ständigen Talkshow-Gästen, die im Fernsehen über die Zukunft des Landes debattieren. Und obwohl sie die meiste Zeit gegen politischen Aktivisten waren, hat das meinen Vater und meine Mutter nicht davon abgehalten, an den Protestmärschen am „Tag des Zornes“ teilzunehmen, sich den Tränengasbomben entgegenzustellen und auf dem Tahrir-Platz während der Millionen-Märsche dabei zu sein und es hinderte meinen Bruder nicht daran, sich in den Nachbarschaftswachen zu engagieren, auf die Revolution, die Revolutionäre und die Zerstörung zu schimpfen und Wael Ghonim zu beschuldigen, ein Freimaurer zu sein, obwohl er gar nicht weiß, was das Wort eigentlich bedeutet und dann bei dem Referendum teilzunehmen und „Ja zur Stabilität“ zu sagen, obwohl er, seitdem er vor Jahren die Uni verlassen hat, noch keinen festen Job gefunden hat.
Diese Leute sind die schweigende Masse. Sie müssen nicht unbedingt die ganze Zeit in einer bestimmten Haltung verharren, gegen die Revolution, für oder gegen die Muslimbrüder oder die Liberalen sein, aber sie wollen auf jeden Fall, dass Ägypten eine bessere Heimat für sie und ihre Kinder wird. Sie sorgen sich um Ägypten, selbst wenn sie es das eine oder andere Mal schon verflucht haben.
Sie sind mündige und mit allen Rechten ausgestattete Bürger und es geht nicht an, dass irgendjemand, egal welche Rolle er hat oder wie wichtig er ist, versucht, sich über sie hinwegzusetzen, so als ob sie nicht vorhanden sind. Genauso töricht, wenn nicht gar verbrecherisch, ist es, wenn wir uns über sie lustig machen oder ihr legitimes Recht ignorieren, an der Verwaltung der Staatsgeschäfte durch Wahlen und durch die Auswahl derjenigen, die das Land nach ihren Vorgaben für sie regieren sollen – und nicht etwa nach Vorgaben, die wir für sie festlegen – teilzunehmen.
Ahmed Badawy
Übersetzt von Fabian Ledwon
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